2.000 Jahre alter Schuh im deutschen Moor ausgegraben
Moore beherbergen einige der seltsamsten Gegenstände und Artefakte, einige, die absichtlich vergraben oder gelagert wurden, und andere, die versehentlich im Schlamm verloren gingen. Die archäologischen Aufzeichnungen sind voll von bizarren Funden, von Fässern voller Butter bis hin zu gut erhaltenen menschlichen Körpern, Mordwaffen, Rädern oder Werkzeugen. Nun haben Archäologen eine weitere Entdeckung in der "Moorosphäre" gemacht, in den geheimnisvollen Mooren Niedersachsens in Norddeutschland. Das sehr gut erhaltene Lederartefakt, ein 2.000 Jahre alter Schuh, wurde neben den Resten einer Holzstraße aus der Bronzezeit gefunden.
Dieser als Bohlenweg Pr 6 bekannte alte Moorweg wird derzeit im Rahmen eines Projekts ausgegraben, das 2022 abgeschlossen sein wird. Neben diesem Weg fanden Archäologen die Überreste eines 2.000 Jahre alten Schuhs. (Bernard Warnking / CC BY-SA 3.0)
Durchbruch im Moor: Die Geschichte des 2.000 Jahre alten Schuhs
Es handelt sich um eine Art Sandale, die am vorderen Ende gerafft ist und durch einen Riemen zusammengehalten wird, und um den mit Abstand ältesten Schuh, der in der Gegend gefunden wurde. Natürlich wurden auch schon Lederschuhe entdeckt, aber die sind bestenfalls ein paar Jahrzehnte oder ein paar Jahrhunderte alt. Dieser Schuh, der aus einer Zeit vor der industriellen Produktion stammt, ist in feiner Handarbeit speziell für seinen Träger angefertigt worden und hat den Zahn der Zeit überdauert.
Da die andere Hälfte des Paares nicht gefunden werden konnte, ist es durchaus möglich, dass der 2.000 Jahre alte Schuh für immer im Schlamm stecken blieb, während sein Besitzer an einem ungewöhnlich klebrigen und nassen Tag einen Wagen schob. Vielleicht rutschte er versehentlich ab und war nur schwer zu bergen, denn auch die Reste einer gebrochenen Wagenachse wurden aus dem Moor gezogen.
Die sogenannte ‘Straße’ war eine Ansammlung von Holzbrettern, die zusammengelegt wurden, um einen Durchgang über ein tückisches Stück Erde zu schaffen. Die sauren Bedingungen des Moors sind ideal für die Erhaltung solchen Materials, weshalb Moore eine so ergiebige Quelle für gut erhaltene Überreste sind, einschließlich menschlicher Moorleichen.
Experten sind zu dem Schluss gekommen, dass der Bohlenweg Pr 6 um 46 v. Chr. angelegt wurde, um Einheimischen und Händlern die Durchquerung dieser moorigen Region zu ermöglichen. (niedersachsen.de)
Ausgrabung eines Moorpfades aus der Bronzezeit
In einer Stellungnahme des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege erklärte die Grabungs- und Vermessungsfirma Denkmal 3D aus Vechta: ‘Die Achse eines hölzernen Karrens, der vermutlich von Rindern gezogen wurde, brach entzwei und der Karren verunglückte auf dem holprigen Weg. Dabei oder beim Versuch, die Teile zu bergen, ist der Besitzer des Schuhs gestürzt oder neben den Weg getreten und der Schuh blieb im klebrigen Schlamm stecken.’
In diesem Teil Niedersachsens werden immer wieder solche Artefakte gefunden, die ein Fenster in die Siedlungs- und Transportgeschichte darstellen, da es hier eine Vielzahl von Mooren gibt. ‘Um die einst ausgedehnten Moorgebiete zu durchqueren, bauten die Menschen hier über 6.000 Jahre lang bis in die Neuzeit Wege und Straßen aus Holz. Mehr als 500 solcher Wege sind aus Niedersachsen bekannt’, unterstreicht die Pressemeldung.
Zeichnung der Bauweise der Pr 6 Moortrasse. (Public Domain)
Bohlenweg Pr 6: Einer der längsten Moorwanderwege der Welt
Laut The Daily Mail wurde der Weg während der späten Bronzezeit (1200 bis 600 v. Chr.) gebaut. Der alte Holzpfad, bekannt als Bohlenweg Pr 6, war einer der längsten Moorpfade der Welt, ursprünglich 4,2 Kilometer lang, um genau zu sein. Er wurde 1817 entdeckt und ist dank mehrerer archäologischer Projekte in den letzten zwei Jahrhunderten heute einer der am besten erforschten in der Region.
Dieser prähistorische Moorweg durchquerte vor über 2.000 Jahren das Moor zwischen Diepholz und Lohne. Er wird seit 2019 erforscht und die archäologischen Ausgrabungen haben ergeben, dass er im Jahr 46 v. Chr., also vor etwas mehr als 2.000 Jahren, angelegt wurde. Um diesen Moorweg zu errichten, waren enorme Mengen an Holz und ein Heer von Bauarbeitern nötig.
Moore und ihre reichhaltige Bewahrung der Geschichte
‘Die niedersächsischen Moore sind Zeugnisse einer jahrtausendealten Geschichte’, erklärte Niedersachsens Minister für Wissenschaft und Kultur, Björn Thümler. ‘Sie sind ein einzigartiges Archiv, denn in ihnen haben sich nicht nur bearbeitete Scherben und Metallgegenstände als entscheidende Zeugnisse unserer Geschichte erhalten, sondern auch organische Funde.’ Aus diesem Grund hat sich das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege entschlossen, zwischen 2019 und 2022 rund 500 Meter des alten Moorweges freizulegen.
Die Fähigkeit von Mooren, organische Artefakte zu konservieren, schafft eine Umgebung, die einer Goldmine für Archäologen gleichkommt. Seit Beginn der Ausgrabungen haben sie eine Fülle von Artefakten entdeckt, darunter auch hölzerne Götzenbilder. ‘Ein Schuh, der verloren geht und nach 2.000 Jahren wiedergefunden wird, der bisher älteste Schuh aus Niedersachsen, ist ein ungemein persönliches Zeugnis eines früheren Lebens’, betont Thümler.
‘Es ist eines jener Zeugnisse, die Zeit wie unter einem Vergrößerungsglas greifbar machen’, so Thümler weiter. In der Tat bestätigt die Existenz dieses besonderen 2.000 Jahre alten Schuhs, dass trotz der Zeit ein einfacher Lederschuh überlebt hat, um einen Einblick in das Leben in einer anderen Epoche zu geben. Es ist jedoch nicht der älteste bisher entdeckte Schuh. Bereits 2010 veröffentlichte ScienceDaily die Geschichte eines ‘perfekt erhaltenen Schuhs’, der in Armenien 5.500 Jahre überlebt hatte.
Bild oben: 2.000 Jahre alte Fundstücke neben einem alten Moorpfad in Norddeutschland. Quelle: niedersachsen.de
Von Rudra Bhushan
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